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Fürs Nichtstun angestellt

 

VON PETER SCHÖNAU
© Peter Schönau

Die meisten von uns wissen, was "gnocchi" sind, nämlich die berühmten italienischen Kartoffelnudeln oder Kartoffelbällchen. Entweder haben wir sie im Bel Paese gekostet oder selbst am heimischen Herd zubereitet. In Argentinien, einem Land, in dem ungefähr ein Drittel der Bewohner italienischer Abstammung sind, heisst diese lukullische Köstlichkeit "ñoquis". Aber dieser Begriff hat dort noch eine zweite Bedeutung. Er bezeichnet – vor allem in der öffentlichen Verwaltung – Beschäftigte, die zwar bezahlt werden, aber entweder gar nichts tun, etwas tun, was überflüssig ist, oder zu zweit oder mehreren etwas tun, was auch leicht und locker von einer Person geleistet werden kann.

Nachdem Mauricio Macri, das neue Oberhaupt der Stadtverwaltung von Buenos Aires, der allgemein als zur Präsidentenfamilie Kirchner in Opposition stehend angesehen wird, vereidigt wurde, wollte er die Richtigkeit des Mottos "neue Besen kehren gut" unter Beweis stellen und verfügte einen "Zensus" der Öffentlichbediensteten. Das Ergebnis war nicht sonderlich überraschend, bestätigte es doch nur das Vorurteil von Klientelismus und Vetternwirtschaft, das wir uns sowieso schon von Argentinien gemacht hatten.

Aber einige Highlights verdienen doch hervorgehoben zu werden: In einer Dienststelle fand sich der neue Leiter mit einem Pool von sage und schreibe acht Sekretärinnen wieder. In einem anderen Fall wurde festgestellt, dass drei gut dotierte Mitarbeiter einer Behörde zwar ihr Gehalt kassierten, sich jedoch weder an ihrem Arbeitsplatz sehen liessen noch im Lande selbst aufhielten, sondern als Aufenthaltsort Länder wie Ecuador oder Spanien gewählt hatten.

Vom echten Zorn des Gerechten erfasst, erneuerte das Stadtoberhaupt die Verträge von 2400 Mitarbeitern der städtischen Verwaltung nicht mehr. Ein solch autoritäres und frühkapitalistisches Vorgehen liess sich deren Gewerkschaft natürlich nicht gefallen, klagte umgehend gegen diese Entscheidung und fand auch eine Richterin, die ihr Recht gab. Die 2400 entlassenen Mitarbeiter mussten wieder eingestellt werden – vorerst, denn die Stadt hat gegen diese Entscheidung Widerspruch eingelegt.

Das Stadtoberhaupt wird mit den erbosten Worten zitiert, dass die Richterin ihre Kompetenzen überschritten hätte, und – Originalton Mauricio Macri (übrigens im Nebenberuf Vorsitzender von Boca Juniors): "Die Richterin kann uns nicht vorschreiben, wie viel Personal wir in der Stadtverwaltung benötigen. Nächstens schreibt sie uns vor, hundert Elefanten für einen Vergnügungspark anzuschaffen".

Dieser Text ist auch in der Zeitung «Die Südostschweiz» in der Rubrik «Boulevard» erschienen

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