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Buenos Aires - Justizminister mit Gasmaske

 

VON PETER SCHÖNAU
© Peter Schönau

Ausgedehnte Grasbrände verwandeln die Weideflächen der Inseln im Delta des Río de la Plata zurzeit in verbrannte Erde. Angefangen hat es vor ungefähr zwei Wochen, mittlerweile haben die Brände etwa 70.000 Hektar in den Provinzen Buenos Aires und Entre Ríos erfasst, und das Umweltministerium in Buenos Aires zählt im Augenblick fast 300 Brandherde.

Das Abbrennen der Weiden, um neues Futter für die Rinderherden spriessen zu lassen, ist im Prinzip eine alte Praxis der Viehzüchter. Aber normalerweise wird damit im August begonnen, das heisst, wenn der Winter auf der südlichen Erdhalbkugel zu Ende geht. Was die Frage aufwirft, ob die Brände nicht durch Wilderer, die hier auf geschützte Tierarten Jagd machen, oder vorsätzlich ausgelöst wurden.

Die Wetterlage – niedriger Luftdruck und nördlicher Wind – hat die Ausbreitung des Feuers begünstigt, dessen Rauchentwicklung mittlerweite eine Ausbreitung von 500 km erreicht hat. Vor zwei Tagen erreichte der Rauch Buenos Aires. Die Luft erfüllt seitdem ein Geruch, wie er im Garten bei der Laubverbrennung im Herbst entsteht. Der Rauch hat inzwischen auch die Wohnungen erreicht. Die Menschen beginnen zunehmend über Kopfschmerzen, Atembeschwerden, Irritation der Schleimhäute und Augenreizung zu klagen. Die Sicht hat auf ca. 800 m abgenommen. Die automatische Strassenbeleuchtung schaltet sich schon am "helllichten" Tag ein.

Weil die Rauchentwicklung einige schwere Unfälle verursacht hat, wurden drei Fernverkehrsstraßen zeitweise für den Verkehr gesperrt.
Der Stadtflughafen von Buenos Aires wurde für Landungen gesperrt.
Von dem zentralen Busbahnhof wurde der Verkehr in die betroffenen Regionen des Landes eingestellt.

Das Umweltministerium verkündete, dass man gegen die Brände wenig ausrichten könne und auf Regen warte und darauf, dass das Feuer erlischt, wenn es keine Nahrung mehr findet. In der Zeitung "La Nación" zeigt derweil eine Karikatur den Justizminister mit Gasmaske, und die Staatspräsidentin wird mit dem (unbestätigten) Ausspruch zitiert, dass die Situation auch positive Aspekte habe, weil dadurch alle Probleme des Landes hinter einer Rauch- und Nebelwand verschwänden.

Inzwischen ist der Kohlenmonoxidgehalt in der Luft von Buenos Aires auf 17 ppm gestiegen – normal ist ein Wert von 0-2 ppm, und der normale Anteil von Schwebstoffen in der Luft von 0,190 mg/m3 hat sich vervielfacht. Er wurde mit 1,34 mg/m3 gemessen. Doch die Regierung behauptet weiterhin, der Rauch sei nicht gesundheitsgefährdend.

Dieser Text ist auch in der Zeitung «Die Südostschweiz» in der Rubrik «Boulevard» erschienen

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