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Kolumne vom 2. März 1999

Bei der NZZ arbeiten noch Fachjournalisten, Redaktoren und Redaktorinnen mit humanistischer Bildung, mit Allgemeinwissen. Dort wird sogar der Duden als literarisches Werk besprochen - und zu diesem Zweck vom zuständigen Kritiker gelesen. Und derjenige, der über die SBB schreibt, kennt den Betrieb und alle technischen Details besser als die Bundesbahnen selbst. Wenn die NZZ sich also eines Themas annimmt, kann man davon ausgehen, dass ein Spezialist oder eine Spezialistin darüber schreibt.

Gehört dieses Qualitätmerkmal etwa auch bei der NZZ bald der Vergangenheit an? Ein kurzer Artikel über die Direktübertragung der Parlamentdebatte im Internet (NZZ vom 2.3.99/Seite17) lässt diesen Verdacht aufkommen: Der Autor dlw kann kein Fachmann in Sachen Internet sein. Sonst wüsste er, dass sowohl die Grösse des Bildes wie auch die stockende Datenübertragung beim Video (noch) systembedingt sind. Das liegt nicht daran, dass es sich bei «Life+» um einen Test handelt. Heute bringt man das ganz einfach noch nicht besser hin - es sei denn, man nimmt unendlich lange Ladezeiten in Kauf. Zum Vergleich soll sich die NZZ mal die Übertragung aus dem Deutschen Bundestag anschauen. Da dauert das Laden bereits einiges länger, Bildqualität und Übertragungsfluss sind jedoch nicht einmal besser. Dafür bieten die Schweizer zusammen mit der Bild- und Tonübertragung auch noch Zusatzinformationen über die Person, die gerade spricht, über das Geschäft, das behandelt wird etc. Also so mies, wie die NZZ schreibt, ist das nun wirklich nicht. Und bald wird die ganze Sache auch mit dem «RealPlayer» funktionieren - wie übrigens auf der Einstiegsseite zum neuen Parlamentservice zu lesen ist. Dann werden Mac-Benutzer nicht mehr ausgeschlossen sein.

Vorerst aber, und da hat die NZZ recht, haben die Mac-Surfer keinen Zugang. Davon seien, stellt der Autor fest, in der Schweiz ausserordentlich viele Computerbenutzer und -benutzerinnen betroffen. Allein warum dies so ist, wäre aber eine Recherche wert: Nicht nur «Kleinweich» operiert nämlich mit monopolitischen Methoden, auch Konkurrent Apple tut dies, indem er einfach den Schulen Mac-Computer schenkt. Welche Öffentliche Hand lehnt dies angesichts leerer Kassen schon ab?