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Kolumne vom 7. Oktober 2002

 Hans Peter Tschudi (1913-2002) – Was Ludwig Erhard für die Deutschen, war Hans Peter Tschudi für die Schweiz: Beliebte Berufungsinstanz für die staatliche Raison d’être. Dort das beleibte, Zigarren paffende Denkmal der sozialen Marktwirtschaft und hier der asketische Professor des Sozialstaates schweizerischer Prägung.
Es ist eine Ironie der Geschichte, dass Tschudi ausgerechnet an dem Tag verstarb, als seine gelehrigste Schülerin ihren Rücktritt aus dem Gremium bekannt gab, dem auch der Basler Sozialdemokrat während 14 Jahren angehörte. Wenn auch Ruth Dreifuss und Hans Peter Tschudi die gleiche Auffassung von moderner Sozialpolitik hatten, so könnte ihre Politik in der Landesregierung nicht gegensätzlicher gewesen sein: Tschudi konnte den Sozialstaat ausbauen, die Leistungen der AHV mit vier Revisionen in schneller Kadenz verbessern, das System der Ergänzungsleistungen einführen und unser Dreisäulen-Prinzip verankern. Derweil musste sich Ruth Dreifuss im wesentlichen auf das Verteidigen der tschudischen Errungenschaften beschränken. Dass sie einen Sozialabbau trotz bürgerlichen Grossangriffs während der 90er-Jahre erfolgreich verhinderte, war nicht zuletzt das Verdienst des alten Professors aus Basel: Er hat die Idee der AHV so in der Seele des Schweizers und der Schweizerin zu verankern, dass Angriffe auf dieses Sozialwerk zum Vornherein zum Scheitern verurteilt waren.
Und Tschudi war bis zuletzt politisch aktiv. Am letzten Sonntag konnte die SP vermelden, dass ihre Volksinitiative «Nationalbankgewinne für die AHV» zustande gekommen sei – Ehrenpräsident des Initiativkomitees war Hans Peter Tschudi
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