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Kolumne vom 12. März 1999

Bislang galt, dass die Frau um ein Vielfaches besser sein muss als der Mann, wenn sie Karriere machen will. Seit Donnerstag wissen wir, dass dies nicht mehr gilt - endlich ist die Frau dem Manne gleichgestellt. Jedenfalls, wenn es um die Wahl einer Bundesrätin geht. Erfahrung und Qualität spielen dabei keine Rolle mehr, sondern Aussehen, Alter und Rechtslastigkeit. Nun können die Emanzen auch nicht mehr behaupten, dass eine Frau mit den gleichen Qualifikationen wie Adolf Ogi niemals gewählt worden wäre...

Einen kleinen Unterschied gibt es allerdings: Ruth Metzler ist noch lernfähig und formbar. Nur werden es nicht die fortschrittlichen, sozialen Kräfte dieses Landes sein, die dies tun - sondern die Männer, die sie gewählt haben. Und die Argumente, die für die Wahl Frau Metzlers sprachen, sind doch auch ein wenig anders, als bei einem Mann: Die Politiker der Partei mit dem C im Namen wollten «endlich eine Frau im Bundesrat...» (O-Ton in der Wandelhalle). Oder aber sie fanden, dass sie «die schöneren Beine hat» als ihre Konkurrentin, von Bundesrätin Ruth Dreifuss ganz zu schweigen! Diese Beine müssen gar einen linken Parlamentarier abgelenkt haben, und zwar derart, dass er jegliches Zeitgefühl und die Orientierung verlor: Im zweitletzten Wahlgang kritzelte er auf seinen Wahlzettel den Namen Roth statt Roos. Damit war diese Stimme ungültig, eine Patt-Situation von 122 zu 122 Stimmen entstand und die Geschichte der Eidgenossenschaft, ja der gesamten Frauenbewegung nahm seinen schicksalhaften Lauf.