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Hotelklassikers in Gefahr:
Wird das Hotel Schweizerhof in Luzern
doch noch plattgemacht?

VON GREGOR LUTZ

Napoleon III. stand mit seiner Frau Eugénie und Prinz Lulu auf der Schwelle zum Grossen Saal des Hotels «Schweizerhof» in Luzern und staunte: Das Kaiserpaar war von der Schönheit des palastartigen Raumes derart beeindruckt, dass Sa Majesté dem Hotelier Adolf Hauser nur noch gestehen konnte, selbst in ihrem Frankreich gebe es wenig schönere Säle.

130 Jahre später, 1994, stand wieder ein Hauser in demselben Saal. Doch der Juniorchef hatte wenig Verständnis für die kaiserliche Begeisterung: Patrick Hauser liess sich mit dem Vorschlaghammer in der Hand - symbolisch zum Schlag ausholend - für die Lokalzeitung LNN fotografieren. Er wollte alles plattmachen: Die alten Räume liessen sich nicht mehr effizient bewirtschaften, die Restaurationskosten seien zu hoch, es fehle an Infrastruktur um beispielsweise eine Swatch-Uhren-Börse oder eine Autopräsentation durchführen zu können.

Die Denkmalpflege, besorgte Bürger und Stadtpersönlichkeiten waren entsetzt. Sie bildeten ein Initiativkomitee zur Rettung der alten Säle und es gelang ihnen tatsächlich, den Hausherrn umzustimmen. Die Behörden lieferten dazu allerdings die nötigen Anreize: Hauser erhielt die Erlaubnis, zusammen mit der Migros grosszügig neu und vor allem auch tief in den einst sumpfigen, teils sandigen Boden hinein zu bauen. Den behördlichen Segen zum Abbruch erhielt sie für eine einzigartige Garten- und Hofanlage mit Ökonomiegebäuden, ehemaligen Stallungen, einer Wäscherei, einem Personal-Gemeinschaftsraum sowie einem Küchentrakt aus der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts. Zeugnisse einer Zeit, die für die Schweiz einmalig waren! Nur einen kleinen Teil der historischen Bauten, das Hauptgebäude und den schon von Napoleon III. bewunderten Saal, musste die Bauherrschaft stehen lassen.

Jetzt sinkt der Grund samt Hotel ab

Seiten Monaten wird nun also gebaut und gebuddelt, immer tiefer und tiefer. Daran sollen auch - wie die Gewerkschaften reklamieren und die «Neue Luzerner Zeitung» kürzlich berichtete - «unrechtmässig beschäftigte ausländische Arbeiter beteiligt sein». Das Hauptproblem zeigte sich jedoch erst heute, am 16. März: Für die Erstellung des Parkhauses wurde derart tief gegraben, dass der Grund und mit ihm das alte Hotel absinkt. Technisch lässt sich das freilich sauber begründen: An einer Fuge zwischen zwei Schlitzwandelementen hatte sich ein Leck gebildet, durch das Wasser in die Baugrube drang. Daraufhin senkte sich der Boden, auf der Rück- und Westseite des 153jährigen Hauses entstanden immer grössere Risse, ein Bagger wurde zur Abstützung der Mauer notdürftig aufgestellt. Dann liefen Leute in teuren Anzügen, mit Natel und Bauplänen in der Hand aufgeregt diskutierend umher. Alles wurde neu vermessen, auch die benachbarte Kirche und die angrenzende Wohn- und Geschäftsüberbauung. So, als ob bald das ganze Quartier absinken würde.

Schuld soll niemand sein, denn bei den herrschenden geologischen Verhältnissen - die halt auf aufgeschüttetem Grund äusserst heikel seien - könne so etwa schon mal vorkommen. Also hätte man dies auch voraussehen können? Immerhin wurde in der Vergangenheit nachts immer mal wieder Wasser aus der Grube gepumpt, wie Passanten bezeugen können.

Ob das Hotel noch zu retten ist, fragt sich angesichts des desolaten Zustandes nicht nur der Laie. Unweiglich kommt einem da der Gedanke: Jetzt passiert doch noch, was der Hauser einst mit dem Vorschlaghammer anrichten wollte...