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 Fremdenhass:
Da graut es dem Lehrer

 

 

 Jeder dritte Bürger der Europäischen Union bezeichnet sich selbst als «ziemlich oder sehr rassistisch», besagt eine Ende letzten Jahres publizierte Studie der EU. Die Schweizer und Schweizerinnen bilden da keine Ausnahme. Gerade auf dem Lande zeigt er sich ungeschminkt, der gewöhnlich Rassismus; dort gilt Xenophobie auch politisch noch nicht als unkorrekt. Zum Beispiel im Luzernischen: In Schötz hat kürzlich die Gemeindeversammlung zwei jungen Menschen, 18 und 16 Jahre alt, seit sieben Jahren im Dorf wohnhaft, versehen mit tadellosem Leumund aber auch mit einem Pass aus Ex-Yugoslawien, die Einbürgerung verweigert. Einzige Begründung: Die Bluttat eines ihnen völlig unbekannten Landsmannes, die vor einiger Zeit das Dorf erschüttert und aufgewühlt hatte.

Oder Herbert Porscht*, Lehrer an einer gewerblichen Berufsschule im Kanton Luzern. Er hatte seinen 17- bis 20-jährigen, vor allem aus bäuerlichem Milieu stammenden Schülerinnen und Schülern einen Text des Nigerianers Matthias O. Ezeoba zu lesen gegeben. Der seit 24 Jahren als Publizist und Privatdozent für Politologie und Soziologie in der Schweiz lebende Schwarzafrikaner hatte sich darin — durchaus differenziert und analysierend — über den alltäglichen Rassismus und Fremdenhass beklagt, den er selber erlebt oder beobachtet.

«Kann man sofort verschiessen ohne dass jemand weinen würde...»top

Lehrer Porscht forderte seine Schüler auf, ihre Meinung zu Ezeobas Text in einem Aufsatz zu Papier zu bringen — eine scheinbar harmlose Aufgabe, die den Pädagogen allerdings mehr fordern sollte als seine Schüler. Welche Note hat zum Beispiel dieser Beitrag von Urs Steiger verdient: «Jugos sind im grossen Teil frech und fühlen sich in der Schweiz stark. Ein Teil von den Jugos könne man sofor verschiessen ohne dass jemand weinen würde.» Oder was soll der Gewerbeschullehrer zu Philipp Mosers Sätzen sagen: «Ganz konkret habe ich etwas gegen Jugoslawen. Sie haben ein tolles Leben hier auf Kosten unserer Steuern. Sie lachen uns aus, weil wir so blöd sind und ihnen alles geben was sie brauchen. Sie nutzen uns aus. Dazu passen sie sich überhaupt nicht an und wollen die Übermacht. Sie sind sehr gewaltbereit und schrecken vor nichts zurück. Ich hatte schon so viele schlechte Erfahrungen mit ihnen, ich habe überhaupt kein Vertrauen zu ihnen. Sie wollen unsere Sprache nicht lernen, nicht arbeiten und saugen uns aus.»

Die Gewerbeschüler — vorwiegend angehende Mechaniker, Metallbauer, aber auch Innendekorateure und SBB-Kondukteure — machen durchaus Unterschiede zwischen den Herkunftsländern der bei uns lebenden Fremden. Ein ganz schlechtes Image haben durchwegs Menschen aus Ex-Jugoslawien, während Südamerikaner, Tamilen oder Portugiesen besser wegkommen. Marco Tagliaferri, selber schweizerisch-italienischer Doppelbürger, begründet diesen Sachverhalt folgendermassen: «Ich finde es manchmal eine Frechheit, weil die Oststaaten (Yugoslawien, Serbien, Albanien) Kriegen haben diese Personen meistens mehr Recht als ein Afrikaner, Chinesen od. Vietnamesen. Das nur weil sie verfolgt werden. Sogar manchmal mehr Recht als ein Schweizer. Ein Yugoslave sagt: 'Caritas zahlen alles.' Mein Kollege ist ein Vietnamese auch er ist bei Caritas wie fast jeder Ausländer, aber er hat nie soviel wie ein Yugoslave.»

«Warum denen soviel Geld in den Arsch stecken?»top

Gegen Ausländer, die arbeiten, ihre Steuern zahlen und «uns Schweizer in Ruhe lassen» hat die Mehrheit der Gewerbeschüler nichts, auch wenn sie den Fremden lieber aus dem Weg gehen. «Aber», schreibt Hanspeter Dürr in seinem Aufsatz, «es gibt ja immer solche, die nur wegen dem Geld in die Schweiz kommen. Ich kann einfach nicht verstehen warum wir denen so viel Geld in den 'Arsch' stecken. ... Wir haben seit einem halben Jahr ein Jugoslaw in unserer oberen Wohnung. Er war ein sehr friedlicher und Anständiger Mensch. Als er vor neun Jahren in die Schweiz kam, fand er bald eine Arbeit als Schreiner, der er immer noch ausübt. Als vor ein paar Monaten seine Familie zu ihm zogen, war es mit der Ruhe vorbei. Jeden Tag kamen 'reiche' Ausländer mit ihren schweren Autos. So etwas muss man erst einmal erlebt haben, sonst kann man das gar nicht glauben. Wir haben uns entschieden ihnen zu kündigen. Und dass kann ich also als Erfahrung sagen: zum ersten mal Ausländer ihn der Wohnung, aber ganz sicher auch die letzten!»

Wie man mit Ausländern umgehen muss, weiss auch Fritz Stutz: «Würden wir Schweizer noch 'friedlicher' mit den Ausländern umgehen, kommen noch mehr in die Schweiz, dabei ist sie jetzt schon mehr als voll mit Ausländerpack. Würde man die Ausländischen Verbrecher aus der Schweiz verbannen mit einem Brandmal im Gesicht, dass es Verbrecher sind, würde es in der Schweiz ziemlich ruigen mit Verbrechen. Wer dennoch in die Schweiz zurückkommt, müsste man abschiessen 'müssen'. Ich möchte aber nicht zu krass werden aber ich schreibe nur meine Meinung über Ausländer, die nicht Arbeiten und nicht Arbeiten wollen, die nur auf Asyl aus sind und dabei nur das Verbrechen und da Geld im Kopf haben.»

Peter Stutz sorgt sich gar um unsere Kultur: «Es gibt sicherlich auch rechte Ausländer die Arbeiten, ich kenne jedoch keinen oder zumindest nicht manchen. Ausserdem was würde mit unserer Kultur passieren, wen die Schweiz nur eine Herberge für Ausländer währe. Alle verschiedenen Dialekte würden allmählich verschwinden. Lieber etwas einzigartiges sein als alltäglich, einen eigenen Charakter behalten.»top

«Du musst hinter den Ausdruck der Verachtung blicken»

Nicht alle Schüler von Gewerbeschullehrer Herbert Porscht sind undifferenzierte Fremdenhasser. Manche machen sich auch Gedanken darüber, woher die Ablehnung alles Fremden kommen könnte. Zum Beispiel aus Verunsicherung und Angst, meint Walter Baumgartner: «Also wenn Dich ein Schweizer anschaut und Du siehst in seinen Augen Verachtung, so ist das nicht unbedingt so. Du must hinter den Ausdruck der Verachtung blicken. Da findet man oft auch Verunsicherung und Angst. Die Verunsicherung eines Schweizers (jedenfalls von mir) ist, was empfindet ein Ausländer als Rassistisch und wie soll ich einen Ausländer ansprechen. Die Angst drückt sich so aus, der Schweizer hat angst, das ihm die Arbeitsstelle genommen wird und ein billigerer Ausländer diese bekommt. Angst auch weil man befürchtet, von seinen Kollegen als Ausländerfreund gehänselt zu werden oder ausgestossen zu werden von den eigenen Leuten. Es ist einfacher gegen Ausländer zu reden als führ sie zu sprächen.»

Und Patrick Soland gibt in seinem Aufsatz eine wichtige Erkenntnis weiter: «Es ist schwierig vor allem aus der Sicht vom Lande her. Wir haben nach meiner Meinung nach die meisten und schlimmsten Vorurteile gegen Ausländer oder anders Farbige. Warum —> wir sind nicht mit vom Ausland stammende Kinder aufgewachsen oder zur Schule gegangen. Es war also fast keine möglichkeiten da die näher kennen zu lernen. Jetzt wo diese möglichkeiten da wären zum Teil im Ausgang oder bei der Arbeit sind Vorurteile und schlechte Erfahrungen mit im Spiel. Deswegen haben wir wohl die meisten Probleme mit Ausländer. Gegenüber den Städter. Die schon von Klein auf mit Ausländer zu tun haben.»

Lehrer Herbert Porscht haben die Aufsätze seiner Schüler schockiert. Er ortet Versäumnisse im Elternhaus und vor allem in der Schule, «wo es an Sozialkompetenz bei der Lehrerausbildung fehlt». Und die Bereitschaft unter Porschts Kollegen, die Situation zu verbessern, scheint nicht gross zu sein: «Das Interesse am Thema ist gering, die meisten Lehrer haben resigniert.» Zumal der Druck von «Optimierung» im Bildungswesen auf den Pädagogen laste - was weiteren Qualitätsabbau bedeute.

*Sämtliche Namen von der Redaktion geändert

 

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