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 Elektrosmog:
Achtung: strahlende Lampen

 

VON VERA BUELLER

Ausgerechnet während einer Tagung zum Thema «Risiken der Hochtechnologie» geschah es: ein Schwächeanfall überkam zahlreiche Teilnehmer und Teilnehmerinnen – Kopfschmerzen, Zittern und kalte Hände. Ein Gefühl, als würde die ganze Kraft aus seinem Körper gezogen. Auf der Suche nach denkbaren Ursachen bemerkten sie schliesslich, dass im Vortragsraum der evangelischen Akademie Iserlohn (D) die Deckenbeleuchtung teilweise aus Energiesparlampen bestand. Nachdem sich die Betroffenen in den Bereich mit den Halogenlampen gesetzt hatten, verschwanden die Beschwerden schlagartig.

Nach seiner Rückkehr vom Seminar wollte es Diplomingenieur Peter Schlegel genau wissen: Er nahm bei verschiedenen Energiesparlampen mit Leistungen von 9 bis 14 Watt Messungen vor. Da es für Elektro- und elektronische Geräte aber keinerlei Richtlinien für die Begrenzung von Elektrosmog gibt, zog Schlegel die international wegweisenden, so genannten TCO-Empfehlungen für Computerarbeitsplätze zum Vergleich heran. Sie schreibt Grenzwerte vor, die bei einem Abstand von 30 Zentimetern eingehalten werden müssten. Und egal ob PC oder Energiesparlampe, die elektromagnetischen Felder sind ähnlich.

Deutliche zu hohe Werte

Vom Ergebnis seiner Messungen an den Energiesparlampen war Schlegel selbst überrascht: Die Intensität der Wechselfelder überschreitet die Grenzwerte der TCO-Empfehlung für Bildschirmarbeitsplätze bei weitem – dabei sind die Unterschiede bei den Leistungen, ob 9 oder 14 Watt, minimal. Gemessen hat der Ingenieur zwei Wechselfelder: das 50-Hertz-Feld (wie bei der herkömmlichen Edison-Glühbirne) und das zusätzliche elektrische Feld im Frequenzbereich bis etwa 1 Megahertz. Denn im Sockel der modernern Stromsparlampen sitzt eine Steuerelektronik, die den Strom bis zu 40'000 Mal pro Sekunde zerhackt – und unter anderem dafür sorgt, dass die Lampe startet, ohne zu flackern. Und eben dies erzeugt, anders als bei der herkömmlichen Glühbirne, ein hochfrequentes Feld.

Peter Schlegels Messungen sprechen für sich: Im Fall einer Arbeitsplatzleuchte (30cm Abstand horizontal zum Kopf) wird der Grenzwert für Bildschirmarbeitsplätze im Frequenzbereich 2 bis 400 Kilohertz um das 16- bis 27fache überschritten, bei einer Hängelampe (50cm Abstand schräg zum Kopf) um das 7- bis 11fache. Und sitzt man direkt unter einer einzigen Decken-Einbaulampe, wird am Kopf dieser Grenzwert erst ab einer Raumhöhe von 2.70 bis 3.20 unterschritten. – Der Grenzwert des elektrischen 50-Hertz-Feldes wird bei der Arbeitsplatzleuchte um das 10- bis 15fache, bei der Hängelampe um das 4- bis 6fache überschritten.

Sparlampe wie ein Radiosender

Schlegels Interpretation seiner Messungen : Jede Energiesparlampe ist zugleich ein kleiner Radiosender im Frequenzbereich 25 bis 45 Kilohertz, der mit seiner gepulsten Funkstrahlung einen konstanten 100-Hertz-Dauerton aussendet.

Auch für andere Baubiologen sind die Messergebnisse des Diplomingenieurs aus dem schweizerischen Esslingen keine Überraschung, ihnen ist das Problem des Elektrosmogs durch Energiesparlampen längst bekannt. Der deutsche Umweltanalytiker Wolfgang Maes hatte bereits vor zwölf Jahren Messungen für die deutsche Konsumentenzeitschrift Öko-Test gemacht und dabei Werte festgestellt «wie unter einer Hochspannungsleitung». Seither hat es zwar Verbesserungen gegeben, aber seine jüngsten Erhebungen bestätigen die Ergebnisse von Schlegel. Er fragt sich, warum die Industrie in der Lage ist, komplizierte Computer so auszustatten, dass sie die Umwelt wenig belasten, «aber bei einer einfachen Lampe gelingt dies nicht». Er spricht von einer mangelhaften Ingenieursleistung und von «idiotischen Konsumenten, die unkritisch und uniformiert alles kaufen».

Eine Frage der Konkurrenzfähigkeit

Den eigentlichen Grund kennt er allerdings ebenso gut wie die Hersteller der Lampen: «Ein Mehraufwand erhöht den Preis und könnte den Einsatz dieser Lampen und damit das Energiesparen, negativ beeinflüssen», sagt Job Daams von der Philips-Lichtabteilung. Und er räumt ein, dass sich die Elektrosmogwerte «wahrscheinlich weiter reduzieren liessen, doch das ist eine Frage der Entwicklungskosten, des Verkaufspreises und der Konkurrenzfähigkeit». Es brauche ausserdem international einheitliche Richtlinien für Elektrosmog, bevor man handeln könne. Immerhin will Philips über einen Verpackungsaufdruck diskutieren, der bei längeren Gebrauch einen Mindestabstand von 50 Zentimetern empfiehlt.

Markus Rademacher, Pressereferent von Osram, spricht ebenfalls von einem Reduktionspotential, gibt jedoch zu bedenken, «dass eine Abschirmung – wie bei Monitoren und anderen Geräten möglich – dem Zweck des Produkts, nämlich Licht zu liefern, entgegen steht» – was eine reichlich merkwürdige Antwort ist. Geht es doch nicht um eine Abschirmung der ganzen Lampe, sondern nur um den Sockel.

Auf der Traktandenliste des Bundesamtes

Seitens der Schweizer Behörden ist das Bundesamt für Gesundheit (BAG) für den Elektrosmog bei Geräten zuständig. Auch hier weiss man vom Problem der Energiesparlampen: «Wir haben derzeit noch viele andere Messungen zu machen. Jene mit Sparlampen steht jedoch auf der Traktandenliste. Wir werden uns der Thematik annehmen», versichert BAG-Sachbearbeiter Martin Meier.

Derweil wirbt die Branche weiter mit dem Argument des Stromsparens: « Setzen Sie Energiesparlampen besonders dort ein, wo Sie für längere Zeit Licht benötigen, wo Sie indirekt beleuchten, wo Sie ab und zu vergessen das Licht auszuschalten, wo Sie einen kühlen Kopf bewahren müssen, z.B. am Schreibtisch, wo Kinder spielen.» Genau davor warnen nun aber Experten: «Energiesparlampen keinesfalls in Arbeitsplatzleuchten einsetzen, aber auch nicht in Hänge- oder Ständerlampen», sagt nicht nur Peter Schlegel, sondern auch der Architekt und Geobiologe Anton Styger aus Unterägeri (ZG). Er beschäftigt sich seit langem mit der Elektrosmog-Problematik und berichtet von Goldschmieden, Optikern und Architekten, die den ganzen Tag über mit künstlichem Licht nahe beim Kopf arbeiten: Allerdings nicht nur mit Energiesparlampen verursacht, sondern auch mit Halogenbeleuchtung, deren Trafo sich im Lampenfuss direkt auf dem Tisch befindet. «Ich habe schon alles erlebt: Von Schwindel, Aussetzern und Arbeitsunfähig bis hin zum Hirntumor.»

Februar 2004

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Was sind
Energiesparlampen?

Bei einer Glühbirne fliesst der Strom durch eine dünne Spirale aus Wolfram und erhitzt diese auf ein paar tausend Grad, so dass sie hell glüht. Bis zu 95 Prozent der eingesetzten Energie wird dabei verheizt und nicht in Licht umgesetzt.

Kompakt-Leuchtstofflampen erzeugen ihr Licht nach dem gleichen Prinzip wie die Fluoreszenzröhre – umgangssprachlich Neonröhre genannt. Durch Biegen des Glasrohres ist es gelungen, diese Lampen sehr kompakt zu bauen. Energiesparlampen nutzen die Energie vier bis fünf Mal besser aus. Sie verbrauchen bis zu 80 Prozent weniger Strom für die gleiche Lichtmenge.

Und so funktioniert die Leuchstoffröhre: Wie der Name schon sagt, leuchtet nicht die Röhre selbst, sondern es ist ein zusätzlicher Leuchtstoff nötig. Im Innern der Lampe wird ein Gas (in der Regel Quecksilbergas) dazu gebracht, im Rhythmus der anliegenden elektrischen Spannung Impulse aus ultraviolettem, nicht sichtbarem Licht auszusenden. An der Innenwand der Lampe befinden sich Leuchtstoffe (Phosphate). Sie nehmen das UV-Licht auf und geben ihrerseits sichtbares Licht ab.

Fazit: Energiesparlampen verbrauchen zwar 80 Prozent weniger Strom als herkömmliche Glühbirnen. Aber im Sockel ist ein Vorschaltgerät eingebaut, das Elektrosmog im Hochfrequenzbereich erzeugt. Wer auf Elektrosmog empfindlich reagiert, sollte die Lampe deshalb in einem Abstand von mindestens 1,50 Metern aufstellen – oder die gute alte Edison-Glühbirne benützen. Aber eben: Diese verbraucht wieder mehr Strom.

Ausserdem gilt zu beachten, dass die Messwerte je nach Lampendesign und -material anders ausfallen: So kann ein Lampenschirm nicht nur Licht, sondern auch Strahlen mehr oder weniger abschirmen. Und verwendet man eine Halogenlampe, die über einen Trafo funktioniert, ist darauf zu achten, wo sich der Trafo befindet: direkt auf dem Tisch im Fuss einer Arbeitslampe - also nahe beim Kopf des Menschen am Arbeitsplatz? Dann ist die Elketrosmogbelastung schwerwiegender. Ist er aber zum Beispiel im Stecker eingebaut und befindet sich auf oder nahe dem Boden, fällt die Belastung geringer aus. Auch hier gilt: Der Abstand zur Emissionsquelle ist entscheidend.

 

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