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Mythos Erkältung: Was stimmt denn nun?

Fast jeder und jede bekommt sie ein bis zwei Mal pro Jahr. Trotzdem wissen die meisten nur wenig über die Erkältung. Vielleicht kennt man noch ein altes Hausrezept oder schwört auf Chemie aus der Apotheke. Wo aber das Wissen fehlt, ist viel Platz für Mythen. Das ist bei der Erkältung nicht anders. Dolch welche Mythen sind wahr und welche sind – auf Neudeutsch – lediglich Fake News?

Von Vera Bueller / 4. Februar 2018

Erkältung kommt durch Kälte

Das stimmt nur indirekt: Eine Erkältung wird zwar durch Viren ausgelöst, die die oberen Atemwege befallen. Die Kälte kann eine solche Infektion aber begünstigen, denn:

  • Kälte schwächt das Immunsystem,
  • Heizungsluft trocknet die Schleimhäute aus und erhöht so das Infektionsrisiko,
  • in schlecht gelüfteten Räumen fühlen sich Erkältungsviren besonders wohl,
  • einige Viren mögen es nasskalt.

Stress löst eine Erkältung aus

Stress kann eine Erkältung nicht auslösen, aber erhöhen. Die Wirkung von Stress auf das Immunsystem hängt jedoch davon ab, ob es sich um akuten, kurzfristigen Stress oder um chronischen, langanhaltenden Stress handelt. Bei akutem Stress verstärkt das Immunsystem die Abwehr. Bei chronischem Stress wird die Immunabwehr geschwächt.

Eine Erkältung verläuft immer gleich

Es gibt über 200 verschiedene Arten von Erkältungsviren. Welche Bereiche der oberen Atemwege dabei infiziert werden und wie heftig die Infektion verläuft, ist individuell verschieden. So unterscheidet man zwischen:

  • Rhinitis: Die Entzündung der Nasenschleimhäute, man spricht meist nur von Schnupfen.
  • Sinusitis: Das ist im Medizinerlatein eine Entzündung der Nasennebenhöhlen, die zu Kopfschmerzen sowie Schmerzen im Gesichtsbereich (Augen, Kiefer, Zähne) führen kann.
  • Pharyngitis: Die Entzündung der Rachenschleimhaut führt zu Halsschmerzen und Husten.
  • Laryngitis: Wenn sich die Entzündung auf den Kehlkopf ausbreitet, äussert sich dies mit Heiserkeit.
  • Bronchitis: Auch die Bronchien, also die Luftwege in der Lunge, können von Erkältungsviren befallen werden. Folge: starker Husten.

Eine Erkältung dauert nur kurz

Bei einem gesunden Menschen dauert eine Erkältung ein bis zwei Wochen. Statistisch betrachtet, ist die Hälfte aller Erkältungen nach 10 Tagen ausgestanden.

Wenn man einen Erkältungs-Virus einfängt, wird man sofort krank

Zwischen dem Eindringen der Erkältungsviren in den Körper bis zum ersten Kratzen im Hals oder Kribbeln in der Nase dauert es normalerweise 2 bis 8 Tage.

Grippe und Erkältung sind dasselbe

Da sich die Symptome von Grippe und Erkältung in vielem stark ähneln, ist eine Unterscheidung nicht ganz einfach. Typische Anzeichen für eine Grippe sind:

  • plötzliche Erkrankung: Während sich eine Erkältung eher ankündigt und langsam heranschleicht, treten die Symptome bei einer Erkältung häufig sehr plötzlich auf,
  • starke Abgeschlagenheit und Müdigkeit,
  • starke Kopf- und Gliederschmerzen,
  • hohes Fieber.

Bei Verdacht auf eine Grippe sollte man sich unbedingt an einen Arzt wenden. Bei einer «normalen» Erkältung, auch wenn sie mit Fieber einhergeht, braucht es in der Regel keinen Arzt.

Gegen Erkältung helfen Antibiotika

Die Einnahme von Antibiotika ist bei einer normalen Erkältung nicht sinnvoll, da die Infektionen der oberen Atemwege meist von Viren verursacht werden. Antibiotika dagegen wirken nur gegen bakterielle Infektionen – ob eine solche Infektion vorliegt, muss ein Arzt abklären, um gegebenenfalls ein Antibiotikum zu verschreiben.

Die Grippeimpfung hilft auch gegen Erkältungen

Einen Impfschutz gegen Erkältungen gibt es nicht. Grund hierfür ist, dass Erkältungen durch verschiedene Rhino- und Adenoviren ausgelöst werden, die alle unterschiedlich aufgebaut sind. Bei der echten Grippe (Influenza) dagegen gibt es pro Jahr nur 2-3 Typen. Diese können Wissenschafter isolieren, um so einen geeigneten Impfstoff zu entwickeln.

Wer sich richtig verhält, bekommt keine Erkältung

Es gibt keine Massnahme und auch kein Massnahmenpaket, mit dem sich eine Erkältung mit hundert-prozentiger Sicherheit vermeiden liesse. Allerdings gibt es einige Verhaltensregeln, mit denen man das Infektionsrisiko zumindest erheblich senken kann:

  • Das Immunsystem stärken bzw. ihm nicht unnötig die Arbeit erschweren;
  • Erkältungsviren bestmöglich von sich fernhalten.

Zur Stärkung des Immunsystems trägt eine ausgewogene und vitaminreiche Ernährung bei. Regel-mässige Saunabesuche führen zu einer verstärkten Durchblutung der Schleimhäute im Nasen-Rachen-Raum und fördern so die Bildung von Abwehrzellen. Bei erhöhter Temperatur und Fieber ist die Sauna allerdings tabu. Weiter helfen regelmässige Spaziergänge an der frischen Luft, Sport treiben, genügend Schlaf.

Erkältungsviren fernhalten, heisst zu Menschen Abstand halten: Wenn man unter Menschen geht, sollte man gerade in der Erkältungssaison nicht zu sehr auf Tuchfühlung gehen. In der Atemluft wie auch in den winzigen Tröpfchen, die ein erkrankter Mensch beim Husten und Niesen versprüht.

Türgriffe, Haltestangen in öffentlichen Verkehrsmitteln und ähnliche «viel berührte» Orte sind wahre Virenschleudern. Hände unter dem Wasserhahn befeuchten, gründlich einseifen – auch zwischen den Fingern und unter den Nägeln, abspülen. Mit ungewaschenen Händen nie Nase oder Mund zu berühren.

Während einer Erkältung herrscht Küss-Verbot

Küssen stärkt auch das Immunsystem – damit ist es eine prima Erkältungsprävention! Denn wenn der Puls schneller wird und das Blut zirkuliert, kommt Schwung in den Stoffwechsel und Kreislauf. Ganz zu schweigen vom ausgeschütteten Adrenalin und den Glückshormonen, die sich positiv auf die körpereigene Abwehr auswirken.

Auch wenn man bereits erkältet ist, herrscht nicht unbedingt Kussverbot. Eine Ansteckung durchs Küssen ist äusserst selten, das haben wissenschaftliche Studien gezeigt. Vermutlich weil die Viren beim Küssen mit dem Speichel in den Magen wandern, wo ihnen die Magensäure den Garaus macht.

Wer erkältet ist, gehört ins Bett

Wer erkältet ist, sollte sich grundsätzlich schonen – ob nun im Bett oder auf der Couch ist dabei unerheblich. Solange man jedoch kein Fieber hat, darf man ruhig leichte Tätigkeiten verrichten und auch mal kurz ums Haus gehen – frische Luft ist gut für die Schleimhäute und Tageslicht fördert die Vitamin-D-Produktion. Natürlich sollte man sich dabei ausreichend warm anziehen.

Haustiere bekommen keine Erkältungen

Erkältungen sind keine reine Menschensache, auch Tiere sind nicht vor Virusinfektionen gefeit: So können bei unseren Haustieren Atemwegsinfektionen auftreten, die recht ähnliche Symptome aufweisen wie eine menschliche Erkältung. Diese Infektionen treten in der kalten Jahreszeit vermehrt auf und können auch durch Zugluft in der Wohnung begünstigt werden. Dass Tier und Mensch sich gegenseitig anstecken, ist zwar durchaus möglich, aber doch recht unwahrscheinlich.

Dieser Artikel ist auch erschienen im Beobachter

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